54. MPC-Wandertage 2019 im Vogtlandkreis
In der Sohle liegt die Kraft
Von Frank Ulrich Breitsprecher; Fotos: Bernd Ebener-Löwer
Plauen/Vogtland- Für die 54. Wandertage vom 29. September bis zum 3. Oktober 2019 wählte Organisator Horst-Dieter Grosse mit Plauen im Vogtland einen Ort, der Geschichte geschrieben hat. Plauen war die erste Stadt im Osten Deutschlands, in der Tausende Bürger gemeinsam auf die Straße gingen, um friedlich gegen das herrschende System zu protestieren. Zwei Tage vor der berühmten Montagsdemonstration in Leipzig, über die auch die westlichen Fernsehstationen dank heimlicher Videoaufnahmen berichten konnten, bewiesen die Plauener Bürger Mut und zwangen so die Staatsmacht zum Einlenken. Mehrere Stationen, die die Wandergruppe beim Rundgang durch die Stadt besichtigte, erinnerten an die aufregende Zeit der friedlichen Revolution vor 30 Jahren.
Wie bei den Wanderungen zuvor, werden an zwei Tagen für mittelschwere Wege die Wanderstiefel geschnürt. Erholen können sich die eifrigen Teilnehmer am Kulturtag, und da „treibt es die Stadt auf die Spitze“, so ihr Werbeslogan. Mit der Plauener Spitze umgarnt die Vogtlandmetropole ihre Besucher, unterhält für die Stickkunst ein einzigartiges Spitzenmuseum im Alten Rathaus und zusätzlich eine Schaustickerei. Hier kann man bestaunen, wie auf alten Maschinen zarte Fäden zu Kunstwerken aus Tüll und Spitze werden.
Wer durch die Stadt bummelt, dem fallen nicht nur die Wegmarken der friedlichen Revolution und die berühmte Plauener Spitze auf. Das Stadtbild ist auch geprägt von einem der bekanntesten Plauener Persönlichkeiten, dem Zeichner und Karikaturisten Erich Ohser (1903–1944), der unter dem Synonym „e.o.plauen“ lustige Vater-und Sohn-Geschichten veröffentlichte. Sie regen noch heute zum Schmunzeln an. Vater-und-Sohn-Skulpturen säumen in den verschiedensten Nachbildungen die Haupt-Geschäftsstraße und sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Sie erinnern gleichzeitig an das tragische Ende dieses genialen politischen Zeichners, der im Frühjahr 1944 wegen defätistischer Äußerungen zum Tode verurteilt wurde und der Vollstreckung durch Selbstmord zuvorkam.
Die Stadt Plauen erwies sich als idealer Ausgangspunkt für Wanderungen, denn die 66.000-Einwohnerstadt verfügt über ein funktionierendes und gut angenommenes Straßenbahnnetz. Zum Wandergebiet mit der Tram, das war auch für die erfahrene langjährige MPC-Wanderschar eine Premiere. Für den ersten Wandertag war eine Etappe auf dem reizvollen „VPW – Vogtland-Panorama-Weg vorgesehen. Dieser Rundweg führt auf über 225 km mit zwölf Abschnitten durch die schönsten Gegenden des Vogtlandes. Dabei verbindet er zahlreiche Sehenswürdigkeiten der sächsisch-thüringischen Region. Er wurde als erster Ostdeutscher Wanderweg mit dem Gütesiegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ ausgezeichnet.
Auch am zweiten Wandertag konnten wir das Auto stehen lassen und unser Wanderziel mit der Bahn erreichen. Wir erkundeten das malerische Triebtal, wanderten weiter zur Mündung des Flusses Trieb in die Elster und dann entlang der Elster zur Gaststätte, wo wir unsere Mittagspause einlegten. Nach erholsamer Unterbrechung ging es zurück durch das Nymphental, dann durch den Plauener Stadtwald nach Haselbrunn, wo wir per Straßenbahn ins Stadtzentrum fuhren und erwartungsfroh den „liebgewordenen MPC-Zeremonien“, der Verleihung der „Goldenen Sohle“, entgegenfieberten.
Keine MPC-Wandertage ohne festlichen Abschiedsabend und ohne überraschenden Abschluss: Wer wird diesmal mit der Goldenen Sohle geehrt? Es traf den langjährigen Wanderfreund Wilfried Nagel, der sich für diese verdiente Auszeichnung mit einer Saalrunde revanchierte. Für gelungene Wandertage bedankten sich die Teilnehmer beim Wanderchef Horst-Dieter Grosse mit einem Band über den Zeichner und Karikaturisten Erich Ohser (e.o. plauen) sowie regionalen Spezialitäten. Etwas Wehmut beherrschte den Abschiedsabend: Horst-Dieter Grosse wird aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten und für die Organisation der Wandertage nicht mehr zur Verfügung stehen. Mehrere Redner dankten dem hervorragenden Organisator, der immer sehr viel Herzblut und Initiative in die akkurate Vorbereitung gesteckt hatte, für seinen Einsatz zum Gelingen dieser traditionellen MPC-Veranstaltung.
In die Goldene Sohle sind nun 44 Namen eingraviert, insgesamt 54 Wanderungen haben Adolf E. von Keller, Uwe Gabler, Gerold Lingnau und Horst-Dieter Grosse organisiert. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Kann sein, dass ein schönes Zeugnis unser Clubgeschichte und unseres Clublebens ihr Ende gefunden haben. Eigentlich schade, denn schon Altmeister Goethe erkannte: „Nur, wo Du zu Fuß warst, bist Du wirklich gewesen“. Und die treuen MPC-Wanderer wissen: „Viel wandern, macht bewandert.“
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