Nachruf auf einen Großen der Branche
Hans-Hartmut Münch ist gestorben
Von Jan Hennen
Gestern Abend erreichte mich die sehr traurige Nachricht: Mein journalistischer Ziehvater, Mentor, persönlicher Freund und vor allem einer der ganz großen (nicht nur an Körpergröße) Presseleute, Hans-Hartmut Münch ist am 15. März verstorben.
HHM wie ihn alle nannten, Jahrgang 1938, studierte an der Universität Stuttgart Maschinenbau. Nach seinem Diplom-Examen arbeitete er am Lehrstuhl für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren als wissenschaftlicher Assistent. Danach leitete er die Testabteilung bei auto, motor & sport sowie eine Redaktion im Bereich Multimedia, bevor er als Pressesprecher zur Deutschen Automobil Treuhand DAT wechselte.
Der weitere Weg führte HHM zu den Michelin Reifenwerken nach Karlsruhe. Hier baute er praktisch aus dem Nichts die erste weltweit wirkliche Presseabteilung im Michelin Konzern auf. Bis dahin antwortete die Telefonzentrale auf journalistische Anruferfragen wie: „bin ich dort bei Michelin?“ gerne so zurück: „warum wollen Sie das wissen?“
Beharrlich und stur brachte er die Presseabteilung über alle internen Hindernisse und legte vor allem immer Wert darauf, beim Deutschland Direktor selbst angesiedelt zu sein und auf keinen Fall an einen Marketing Menschen berichten zu müssen. Natürlich zog der echte Schwabe niemals ins badische Karlsruhe um, lieber pendelte er täglich die Horrorstrecke über die A 8 ins 80 Kilometer entfernte Büro.
Pressetexte schrieb HHM meistens selbst und feilte dabei tagelang an jedem Wort und jeder Formulierung. Dafür belohnten ihn die Schreiberlinge mit Dank für aussagekräftige Fakten jenseits leerer Marketing Worthülsen.
In dieser Zeit lernte ich HHM kennen. Ich war zuständig für Motorsport, später für die Messen. In beiden Funktionen gab es Synergien mit der Presse durch die gemeinsame Organisation von Veranstaltungen, die von ihm erfundene Michelin Roadshows und die Reifenworkshops in allen Teilen Europas von Barcelona bis Rovaniemi. Dabei gab es strenge Vorgaben. Vorschläge seitens der Restaurants konnten vielfältig ausfallen, ein gutes Rindersteak mit Röstkartoffeln musste aber fast immer dabei sein.
An nahezu jedem Bürotag ging es für mich nach Feierabend noch in sein Büro eine Etage höher, um spannende Diskussionen über Autos, Reifen, die Presse und ihre Personen und die Welt im Allgemeinen zu führen. So habe ich nahezu alle Dinge, die ich von dieser Branche heute weiß, von meinem Mentor HHM gelernt und bin ihm unendlich dankbar dafür!
In 2000 ging HHM in den wohlverdienten Unruhestand, nicht ohne mich bei seinem Nachfolger für die Produktkommunikation vorzuschlagen, die ich dann auch rund 10 Jahre geleitet habe.
Der persönliche Kontakt riss nie ab, auch wenn er durch HHMs leider zunehmend eingeschränkte Mobilität schwieriger wurde. Nachdem ich ihn eine Zeitlang zu MPC Veranstaltungen noch von daheim abgeholt hatte, ging es später gar nicht mehr. In seinem großen, aber durch verschiedene Ebenen leider nicht altersgerechten Haus lebte er bis zu seinem Tod alleine mit Hilfe einer rührenden Haushaltshilfe und schrieb bis zuletzt in fachlich immer substantiellen Mails über seine Sicht auf die Automobil- und Reifenindustrie. Kontakte zu seinen zwei erwachsenen Kindern hatte er leider nur sehr wenig, seine ganz persönliche Situation war eher einsam.
Mir persönlich und sehr vielen Kolleginnen und Kollegen wird dieser liebe und einflussreiche Vertreter unserer Branche sicher sehr fehlen. Er selbst als bekennender Schwabe würde niemals Aufhebens um seine Person machen und verabschiedete sich auch ganz still und leise. Sein mit dem Kollegen und Freund Yörn Pugmeister verfasstes Buch „Auto – Wissenschaftler planen die Zukunft“ aus dem Jahr 1973 kann auch heute noch Anstöße für die Branche geben und wird immer einen Ehrenplatz im Bücherregal behalten.
Gute Weiterreise, lieber Hans-Hartmut Münch!